20081210 Wikipedia:Kurier
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Unternehmer verliert Prozess gegen Wikimedia
In Utrecht wurde ein kort geding entschieden, das mit einer einstweiligen Verfügung vergleichbar ist. Letztlich ging es um die Frage, ob eine nationale Wikimedia-Organisation für den Inhalt einer Wikipedia-Sprachversion verantwortlich sein kann.
„Entfernen oder abschalten“
Der Unternehmer Bob Sijthoff war mit „seinem“ Artikel in der nl.WP nicht zufrieden. Über das Gericht verlangte er am 11. November von der Vereniging Wikimedia Nederland (VWN), sie solle die persönlichen Daten eines bestimmten Autors bekannt geben sowie den Artikel entfernen. Andernfalls müsse sie zumindest die Adresse www.wikipedia.nl abschalten, die automatisch auf die nl.WP weiterleitet.
Dem Richter in Utrecht zufolge ist es jedoch nicht ersichtbar, dass die VWN die nötige Entscheidungsbefugnis über die niederländischsprachige Wikipedia habe. Ebenso habe die VWN glaubhaft machen können, dass sie nicht über die persönlichen Daten der Autoren verfüge. Der Kläger trägt die Prozesskosten in Höhe von 1070 Euro. (Urteil vom 10. Dezember 2008, die VWN wurde pro bono vertreten von Hendrik Struik und Menno Briët vom Büro CMS Derks Star Busmann.)
Die Vorsitzende der VWN, Elly Waterman, kommentierte das Urteil in einer Pressemitteilung:
- Es gibt in der Wikipedia klare Abläufe für die Behandlung von Beschwerden über Artikel. Die Leute können den Freiwilligen eine E-Mail schicken und im Extremfall einen Prozess gegen die Foundation anfangen, die die juristische Verantwortung trägt. Wir finden es schade, dass Herr Sijthoff von diesen Abläufen keinen Gebrauch gemacht hat, sondern dass er versucht hat, sein Ziel über den Richter zu erreichen.
Als ihre Aufgabe sieht die VWN es, die Wikipedia-Gemeinschaft beispielsweise durch Treffen und Workshops zu unterstützen und Lobbyarbeit für die Ideale zu betreiben, die hinter der Wikipedia stehen.[1]
Nur eine Art Fanclub
In der webwereld erklärte der Internetjurist Arnoud Engelfriet, das Rechtsersuchen des Unternehmers habe wenig Erfolgsaussichten gehabt. Sijthoff habe sich gegen den falschen gerichtet, die VWN sei nur eine Art Fanclub. Die Freie Enzyklopädie Wikipedia werde nämlich von der Wikimedia Foundation in den USA betrieben. Zwar sei die Foundation verpflichtet, bei falschen Behauptungen einzugreifen, und Sijthoff könne gegen die Foundation prozessieren. „Aber etwas, das wir hier als Ehrverletzung betiteln, dürfte in den Augen der Amerikaner anders aussehen. Die Freiheit der Meinungsäußerung ist in den Vereinigten Staaten ein hohes Gut.“
„Wir machen einfach weiter mit dem, womit wir beschäftigt sind“, sagte Elly Waterman derselben Zeitung. Sie glaubt nicht, dass nach diesem ersten Rechtsgang weitere folgen werden: „Ich habe keine Glaskugel, aber einen Prozess anzufangen wirkt geradezu kontraproduktiv.“ Wie ein ähnlicher Fall kürzlich in Deutschland gezeigt habe, bekomme man dadurch nur mehr unerwünschte Aufmerksamkeit in den Medien.[2]
Dem Telegraaf zufolge hatte der Unternehmer dem Wikipedia-Artikel vorgeworfen, ihn mit dem bekannten Unterweltboss Willem Holleeder in Verbindung gebracht zu haben.[3] Im Jahre 2001 soll Sijthoff sich zwei Wohnungen in Amsterdam von Holleeder vermitteln haben lassen, wie bereits 2006 die Zeitschrift Quote berichtete.[4] (Z. 10.12.)